Zu neuen Themen trauen und alte Themen stärken
Ein Blick auf die Mitgliederversammlung der AKL 2020
von Joscha Kölsch
Am 12. Januar 2020 fand das Bundestreffen der AKL in Berlin statt, anschließend an die Gedenkfeier und die damit verbundene Demonstration in Andenken an die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Knapp 75 Antikapitalisten*innen nahmen an dem Treffen teil und diskutierten über die Lage und Ausrichtung der Strömung.
Eröffnet wurde das Treffen durch 15-minütige Berichte von dem Geburtstagskind Thieß Gleiss und Bundessprecherin Lucy Redler.
Der Kampf gegen Parlamentarismus, Postenschieberei und die Eigentumsfrage
Thieß setzte in seinem Redebeitrag ein klares Statement in Richtung Parlamentarismus und Programmatik der Partei :„Die LINKE muss nach dreizehn Jahren Existenz wichtige programmatische Zuspitzungen vornehmen (in der Geflüchteten-, Klima- und EU-Frage vorrangig) und kann sich das Nebeneinander diametral entgegengesetzter Festlegungen in diesen Punkten nicht länger erlauben; die LINKE muss sich von dem überbordenden Gewicht der parlamentarischen Arbeit befreien und sich direkt in Stadtteil-, Betriebs- und Bewegungsarbeit verankern; und die LINKE muss einige Blockaden in der innerparteilichen Demokratie, die sich in den letzten Jahren verschärft haben, auflösen (Gewicht der parlamentarischen Fraktionen gegenüber der Partei, Ämterhäufungsbegrenzung und Befristung aller Ämter in der Partei und vor allen der Parlamentsmandate).“ Die Antikapitalistische-Bundessprecherin Lucy Redler hingegen stellte in ihrem Beitrag die Eigentumsfrage in den Vordergrund, nicht nur die der Immobilienkonzerne, sondern auch die der Klimakiller wie der Energie- und Autokonzerne. Darüber hinaus betonte sie, dass die Partei über einen sozialgerechten Klimawandel eine programmatische Klimapolitik betreiben muss, die sich klar von der Klimastrategie der Grünen unterscheidet.
Quo vadis- wo stehen wir?
Der Wahlausgang der Europawahl, das starke Ergebnis in Thüringen und Bremen, als auch die Prognosen für Hamburg eröffnen neue & alte Diskussionen einer Regierungsbeteiligung in der Partei. Die Position der Antikapitalisten*innen bleibt jedoch gefestigt: „Nicht den Kapitalismus reformieren, sondern ihn überkommen“, ganz nach dem Motto „System change, not climate change“. Da eine Regierungsbeteiligung unter r2g immer mit einem Wertverlust einhergeht und keinen notwendigen Systemwechsel hervorbringen wird sollte diese Überlegung gar nicht erst erwägt werden. Der Arbeitsplan für das erste Halbjahr in 2020 fokussiert sich auf die wichtigen Themen des Nulltarifs im ÖPNV, der Vergesellschaftung von „Klimakillern“ und des Antimilitarismus. Sollten wir es schaffen den Wähler*innen klar zu machen, dass wir die Automobilkonzerne nicht mir Subventionen füttern wollen, damit der Klimawandel sozialgerecht und nicht durch die schwindende Mittel- und Unterschicht finanziert werden soll, dann werden wir auch unsere Stimmen zu Recht ausbauen können. Besonders im Europawahlkampf war uns das nicht immer gelungen. Der Kampf für bezahlbaren Wohnraum beflügelt uns bereits in den Metropolen und selbstverständlich wird uns der Einsatz auch weiterhin stärken. Antimilitarismus in seiner konsequenten Form war schon immer eines der Hauptgebiete der antikapitalistischen Linken und die aktuelle Lage fordert selbstverständlich das Durchbringen unserer Forderungen. Dass eine Zusammenarbeit mit r2g nicht möglich ist manifestiert sich an diesem Punkt ganz besonders, wenn man an Eskens Statement zu dem Abzug deutscher Truppen aus dem Irak letzter Woche zurück denkt. Ich finde da wo wir stehen, stehen wir gut- jetzt gilt es nur noch standhaft zu bleiben!
Ein „neues Thema“: Antikapitalistische Digitalpolitik
Nachdem die Position der AKL für die sozialgerechte Rekommunalisierung von Grund und Boden mehrfach inhaltlich von den Anwesenden geteilt und diskutiert wurde, brachte ich persönlich durch meine Kandidatur eine bis dahin eher wenig diskutierte Position ein, die zumindest aus meiner Sicht viel weiter in den Fokus gerückt werden muss. „Der Elefant im Raum heißt Digitalkonzerne.“
Sechs der 10 größten börsennotierten Unternehmen der Welt sind Digitalkonzerne, die ihre Gewinne in jährlichen Milliarden Summen weltweit, auch durch sogenannte Mikrotransaktionen einnehmen. Aufgrund der veralteten Steuerregulierung, die darauf abzielt die Unternehmen über ihren Führungsort zu besteuern, nutzen Digitalkonzernen durch komplizierte Finanzstrukturen und Gewinnverlagerungen ins Ausland die Möglichkeit keinen einzigen Cent an Steuern in Deutschland und vielen anderen Ländern zu zahlen, obwohl viel Geld für die Dienste der Unternehmen ausgegeben wird. Wenn wir gegen ein System des Kapitals, der Unternehmen und Banken ernsthaft angehen wollen, dann müssen wir uns auch mit der existierenden Übermacht der Digitalkonzerne und deren monopolistischen Marktanteilen beschäftigen und uns international solidarisieren, um den Macht- und Kapitalmissbrauch dieser zu beenden.
Wenn ein Produkt „umsonst“ ist, dann wirst du zur Ware
Aus den vergangen Datenmissbrauchsskandalen a la Facebook und Cambridge Analytica (CA) ging hervor, dass auch wir Daten als eine Art Währung der neuen Zeit wahrnehmen müssen. Durch sogenanntes „Microtargeting“ beeinflusste CA durch Daten von Facebook via Facebook Wähler*innen durch gezielte Manipulation in ihrem Wahlverhalten während der letzten amerikanischen Präsidentschaftswahl. Das sind alles keine Sciencefictionfilme und betrifft auch uns im hier und jetzt. Nachdem der Skandal aufgedeckt wurde und weltweite Aufmerksamkeit erhielt, wurde die Stimme nach transparenten Algorithmen auch hier in Deutschland größer. Der Einfluss von Facebook, Google und Amazon auf die öffentliche Meinung nimmt fortwährend zu und prägt auch politische Einstellungen zum Nachteil der Lohnarbeitenden.
Einer der nächsten Kunden von CA wäre übrigens nach eigenen Angaben eine faschistische Partei mit dem Namen „Alternative für Deutschland“ gewesen. Wirkliche Kritik an Digitalkonzernen von Links kann und muss die Transparenz der Unternehmen, die Verstaatlichung von Daten und Datenstrukturen, als auch die Steuer- und Lohngerechtigkeit einfordern.
Fazit
Für die Antikapitalistische Linke war das Treffen ein voller Erfolg. Rege politische Beteiligung alter als auch neuer Gesichter und gegenseitiger Informationsaustausch ist immer etwas positives. Bereits als ich damals in die Partei DIE LINKE eingetreten bin habe ich die Sehnsucht nach einem Systemwechsel gehabt und wurde vielerorts enttäuscht. Zumindest bei der AKL wurde ich diesbezüglich nicht enttäuscht. Dass die Mitglieder*innen anders als in anderen Strömungen verhältnismäßig älter sind erwähne ich zwar ungerne, aber mir wurde berichtet, dass dieses Mal vor allen Dingen junge Neumitglieder dazukamen. Dann müssen sich die älteren Genossen auch nicht mehr nur mit „jungen Männern wie mir auf der Arbeit beschäftigen“.Ich habe sogar gehört, dass ein Austreten aus der eigenen linken Filterblase manchmal ganz neue Perspektiven hervorbringen kann. Das Potential für Systemkritik und marxistische Theorie besteht und geht Hand in Hand mit den bestehenden und kommenden Problemen unserer Gesellschaft. Aktuell sind die großen Social Moments noch nicht ganz angekommen, aber ich bin mir sicher, dass FFF das bald sein wird. Das kann man bereits jetzt an vielen Enden spüren und in der Klimagerechtigkeit wird die Besitzfrage früher oder später gefragt werden müssen. Bis dahin schreibe ich hier ab und zu Mal, was mir durch den Kopf geht und beteilige mich gerne an den Diskussionen. Ist zumindest wie einer der neuen Gesichter gesagt hat „wesentlich entspannter als in den meisten deprimierenden KVs“.
Eröffnet wurde das Treffen durch 15-minütige Berichte von dem Geburtstagskind Thieß Gleiss und Bundessprecherin Lucy Redler.
Der Kampf gegen Parlamentarismus, Postenschieberei und die Eigentumsfrage
Thieß setzte in seinem Redebeitrag ein klares Statement in Richtung Parlamentarismus und Programmatik der Partei :„Die LINKE muss nach dreizehn Jahren Existenz wichtige programmatische Zuspitzungen vornehmen (in der Geflüchteten-, Klima- und EU-Frage vorrangig) und kann sich das Nebeneinander diametral entgegengesetzter Festlegungen in diesen Punkten nicht länger erlauben; die LINKE muss sich von dem überbordenden Gewicht der parlamentarischen Arbeit befreien und sich direkt in Stadtteil-, Betriebs- und Bewegungsarbeit verankern; und die LINKE muss einige Blockaden in der innerparteilichen Demokratie, die sich in den letzten Jahren verschärft haben, auflösen (Gewicht der parlamentarischen Fraktionen gegenüber der Partei, Ämterhäufungsbegrenzung und Befristung aller Ämter in der Partei und vor allen der Parlamentsmandate).“ Die Antikapitalistische-Bundessprecherin Lucy Redler hingegen stellte in ihrem Beitrag die Eigentumsfrage in den Vordergrund, nicht nur die der Immobilienkonzerne, sondern auch die der Klimakiller wie der Energie- und Autokonzerne. Darüber hinaus betonte sie, dass die Partei über einen sozialgerechten Klimawandel eine programmatische Klimapolitik betreiben muss, die sich klar von der Klimastrategie der Grünen unterscheidet.
Quo vadis- wo stehen wir?
Der Wahlausgang der Europawahl, das starke Ergebnis in Thüringen und Bremen, als auch die Prognosen für Hamburg eröffnen neue & alte Diskussionen einer Regierungsbeteiligung in der Partei. Die Position der Antikapitalisten*innen bleibt jedoch gefestigt: „Nicht den Kapitalismus reformieren, sondern ihn überkommen“, ganz nach dem Motto „System change, not climate change“. Da eine Regierungsbeteiligung unter r2g immer mit einem Wertverlust einhergeht und keinen notwendigen Systemwechsel hervorbringen wird sollte diese Überlegung gar nicht erst erwägt werden. Der Arbeitsplan für das erste Halbjahr in 2020 fokussiert sich auf die wichtigen Themen des Nulltarifs im ÖPNV, der Vergesellschaftung von „Klimakillern“ und des Antimilitarismus. Sollten wir es schaffen den Wähler*innen klar zu machen, dass wir die Automobilkonzerne nicht mir Subventionen füttern wollen, damit der Klimawandel sozialgerecht und nicht durch die schwindende Mittel- und Unterschicht finanziert werden soll, dann werden wir auch unsere Stimmen zu Recht ausbauen können. Besonders im Europawahlkampf war uns das nicht immer gelungen. Der Kampf für bezahlbaren Wohnraum beflügelt uns bereits in den Metropolen und selbstverständlich wird uns der Einsatz auch weiterhin stärken. Antimilitarismus in seiner konsequenten Form war schon immer eines der Hauptgebiete der antikapitalistischen Linken und die aktuelle Lage fordert selbstverständlich das Durchbringen unserer Forderungen. Dass eine Zusammenarbeit mit r2g nicht möglich ist manifestiert sich an diesem Punkt ganz besonders, wenn man an Eskens Statement zu dem Abzug deutscher Truppen aus dem Irak letzter Woche zurück denkt. Ich finde da wo wir stehen, stehen wir gut- jetzt gilt es nur noch standhaft zu bleiben!
Ein „neues Thema“: Antikapitalistische Digitalpolitik
Nachdem die Position der AKL für die sozialgerechte Rekommunalisierung von Grund und Boden mehrfach inhaltlich von den Anwesenden geteilt und diskutiert wurde, brachte ich persönlich durch meine Kandidatur eine bis dahin eher wenig diskutierte Position ein, die zumindest aus meiner Sicht viel weiter in den Fokus gerückt werden muss. „Der Elefant im Raum heißt Digitalkonzerne.“
Sechs der 10 größten börsennotierten Unternehmen der Welt sind Digitalkonzerne, die ihre Gewinne in jährlichen Milliarden Summen weltweit, auch durch sogenannte Mikrotransaktionen einnehmen. Aufgrund der veralteten Steuerregulierung, die darauf abzielt die Unternehmen über ihren Führungsort zu besteuern, nutzen Digitalkonzernen durch komplizierte Finanzstrukturen und Gewinnverlagerungen ins Ausland die Möglichkeit keinen einzigen Cent an Steuern in Deutschland und vielen anderen Ländern zu zahlen, obwohl viel Geld für die Dienste der Unternehmen ausgegeben wird. Wenn wir gegen ein System des Kapitals, der Unternehmen und Banken ernsthaft angehen wollen, dann müssen wir uns auch mit der existierenden Übermacht der Digitalkonzerne und deren monopolistischen Marktanteilen beschäftigen und uns international solidarisieren, um den Macht- und Kapitalmissbrauch dieser zu beenden.
Wenn ein Produkt „umsonst“ ist, dann wirst du zur Ware
Aus den vergangen Datenmissbrauchsskandalen a la Facebook und Cambridge Analytica (CA) ging hervor, dass auch wir Daten als eine Art Währung der neuen Zeit wahrnehmen müssen. Durch sogenanntes „Microtargeting“ beeinflusste CA durch Daten von Facebook via Facebook Wähler*innen durch gezielte Manipulation in ihrem Wahlverhalten während der letzten amerikanischen Präsidentschaftswahl. Das sind alles keine Sciencefictionfilme und betrifft auch uns im hier und jetzt. Nachdem der Skandal aufgedeckt wurde und weltweite Aufmerksamkeit erhielt, wurde die Stimme nach transparenten Algorithmen auch hier in Deutschland größer. Der Einfluss von Facebook, Google und Amazon auf die öffentliche Meinung nimmt fortwährend zu und prägt auch politische Einstellungen zum Nachteil der Lohnarbeitenden.
Einer der nächsten Kunden von CA wäre übrigens nach eigenen Angaben eine faschistische Partei mit dem Namen „Alternative für Deutschland“ gewesen. Wirkliche Kritik an Digitalkonzernen von Links kann und muss die Transparenz der Unternehmen, die Verstaatlichung von Daten und Datenstrukturen, als auch die Steuer- und Lohngerechtigkeit einfordern.
Fazit
Für die Antikapitalistische Linke war das Treffen ein voller Erfolg. Rege politische Beteiligung alter als auch neuer Gesichter und gegenseitiger Informationsaustausch ist immer etwas positives. Bereits als ich damals in die Partei DIE LINKE eingetreten bin habe ich die Sehnsucht nach einem Systemwechsel gehabt und wurde vielerorts enttäuscht. Zumindest bei der AKL wurde ich diesbezüglich nicht enttäuscht. Dass die Mitglieder*innen anders als in anderen Strömungen verhältnismäßig älter sind erwähne ich zwar ungerne, aber mir wurde berichtet, dass dieses Mal vor allen Dingen junge Neumitglieder dazukamen. Dann müssen sich die älteren Genossen auch nicht mehr nur mit „jungen Männern wie mir auf der Arbeit beschäftigen“.Ich habe sogar gehört, dass ein Austreten aus der eigenen linken Filterblase manchmal ganz neue Perspektiven hervorbringen kann. Das Potential für Systemkritik und marxistische Theorie besteht und geht Hand in Hand mit den bestehenden und kommenden Problemen unserer Gesellschaft. Aktuell sind die großen Social Moments noch nicht ganz angekommen, aber ich bin mir sicher, dass FFF das bald sein wird. Das kann man bereits jetzt an vielen Enden spüren und in der Klimagerechtigkeit wird die Besitzfrage früher oder später gefragt werden müssen. Bis dahin schreibe ich hier ab und zu Mal, was mir durch den Kopf geht und beteilige mich gerne an den Diskussionen. Ist zumindest wie einer der neuen Gesichter gesagt hat „wesentlich entspannter als in den meisten deprimierenden KVs“.